Rezension: Omega Seamaster Aqua Terra GMT Worldtimer
Der Wert ist in der Luxus-Uhrmacherei ein schwieriges Thema. Einerseits soll Luxus teuer sein – es ist schon äußerst abwegig, sich einen billigen Luxusartikel zu kaufen. Die Leute sollen ja sehen, dass die eigenen Sachen etwas gekostet haben. Doch andererseits, wer möchte nicht mehr für weniger Geld? Ein Gefühl von Qualität und Prestige zu einem Preis, der niedriger ist als erwartet? Da bin ich sofort dabei. Wie wäre es also hiermit: Die Omega Seamaster Aqua Terra GMT Worldtimer.
Bevor wir aber anfangen sei gesagt: die Omega Seamaster Aqua Terra 150M Co-Axial GMT Worldtimer – um sie bei ihrem vollem Namen zu nennen – ist nicht billig. Mit einem Neupreis von 7.600 £ ist sie nichts für einen Impulskauf, aber darum geht es auch gar nicht. Denn was wir hier haben, ist eine Weltzeituhr – und zwar eine ganz besondere.
Vielleicht kennen Sie sich mit GMT-Uhren schon aus. Mit diesen kann man eine zweite Zeitzone verfolgen, sodass man sie z. B. in den Urlaub mitnehmen und sowohl die Ortszeit – wo Sie gerade Ihre Ferien verbringen – als auch die Uhrzeit daheim – wohin Sie in etwa einer Woche leider die Rückreise antreten werden – mit einem Blick ablesen kann. Normalerweise wird das über einen zusätzlichen Zeiger gelöst, der die Zeit über eine einstellbare 24-Stunden-Lünette angibt. Sofern der Zeitunterschied zwischen den beiden Orten bekannt ist, geht das so auch in Ordnung.
Einen Gang höher schalten
Eine Weltzeituhr legt hier aber einen Zahn zu. Bei einer solchen Uhr muss man den Zeitunterschied nicht mehr kennen, denn diese Arbeit erledigt die Uhr selbst. 24 Städte – die hier bei allen Orten, an denen die Sommerzeit eingehalten wird, in Silber dargestellt sind – aus den Hauptzeitzonen sind um das Ziffernblatt herum angebracht, von denen jede einer Zahl auf der Weltzeitscheibe von 0 bis 24 entspricht.
Egal ob Sie sich also gerade in New York, Moskau oder Sydney aufhalten, die Uhrzeit kann einfach auf einen Blick und ohne weiteres Vorwissen abgelesen werden – bei dieser Omega genialerweise über die üblichen 12-Stunden-Markierungen und die kleinen hellblauen Indizes dazwischen. Zur besseren optischen Unterscheidung von Tag und Nacht ist die Weltzeitscheibe sogar in Hell- und Dunkelblau unterteilt, damit die Daheimgebliebenen nicht mitten in der Nacht unsanft geweckt werden. Vielleicht ist Ihnen sogar aufgefallen, dass Genf hier heimlich durch Omegas Heimatstadt Bienne ersetzt wurde.
Aber angenommen, der Zeitunterschied ist nicht bekannt und auch die Stadt ist auf der Weltzeitliste nicht zu finden – was nun? Hier schaltet die Aqua Terra GMT Worldtimer noch einen Gang höher. In der Mitte des Ziffernblatts, umringt von der Weltzeitscheibe, prangt eine Draufsicht der nördlichen Hemisphäre. Die Welt wird hier sehr genau wiedergegeben, auch wenn diese Ansicht etwas fremd wirken könnte auf die meisten von uns, die an die zweidimensionale Kartenprojektion gewöhnt sind, mit der unser schöner Planet meistens dargestellt wird. Nach einem etwas genaueren Blick auf die feinen Details werden Sie sich aber schnell zurechtgefunden haben. Stellen Sie sich einfach den kleinen Steg, der die Zeiger hält, als Nordpol vor.
Ist das Prinzip einmal verstanden, gestaltet sich das Ablesen der Uhrzeit an einem bestimmten Ort ganz einfach, indem Sie den Ort auf der Karte suchen und in Gedanken eine gerade Linie vom Nordpol aus durch diesen Ort und weiter bis zur Weltzeitscheibe ziehen. Natürlich geht das nur, wenn sich dieser Ort auf der Nordhalbkugel befindet, aber es ist trotzdem eine feine Sache. Und Sie brauchen nicht nur mir zu glauben: Das gleiche Prinzip fand bei Patek Philippes kunstvoll emaillierten World Time-Exemplaren Anwendung, nach einer ursprünglich 1931 von Louis Cottier während seiner Ausbildung erdachten Mechanik – und wenn überhaupt, dann ist diese noch besser.
Technische Spitzenleistung
Bei den Versionen von Patek Philippes World Time mit emaillierter Karte im Zentrum ist diese hauptsächlich Verzierung. Hier ist sie stattdessen ein funktionaler Bestandteil der Uhr. Das ist eine Denkrichtung, die normalerweise solch technischen Spitzenleistungen wie der Jaeger-LeCoultre Duomètre Unique Travel Time vorbehalten ist. Und selbstverständlich kostet sowohl diese als auch die Patek Philippe deutlich mehr als die Omega.
Und nicht nur die Funktionalität der Aqua Terra GMT Worldtimer lässt ihren UVP angemessen erscheinen. Auch die Art der Ausführung ist bei dieser Uhr – wenn Sie das Wortspiel entschuldigen – nicht von dieser Welt. Das 43-mm-Stahlgehäuse ist für Omega ein gewohnter Anblick, die komplexen Kurven und die raffinierten Feinarbeiten erinnern an die Anfänge des Unternehmens bei der Herstellung von Armbanduhren, und sie ist weitaus verschnörkelter und extravaganter als die Pendants von Rolex. Mit etwas über 14 mm Dicke ist sie auch sehr massiv, aber angesichts des Durchmessers und der sportlichen Intentionen war sie auch nie als zierliches Accessoire gedacht.
Das hier angebrachte Gummiarmband – eine Alternative zum Edelstahl – sagt alles, was man über diese ansonsten heikle Kombination wissen muss: Die Uhr wurde zum Tragen entwickelt. Mit einer Wasserdichtigkeit bis 150 m, Saphirglas mit beidseitiger anti-reflektierender Beschichtung, Siliziumhemmung und 15.000 Gauß Antimagnetfeldschutz, freier brückengelagerter Unruhspirale für erhöhte Stabilität, 60 Stunden Energiereserve und Chronometer-Zertifikat ist diese Uhr nicht nur etwas für die schwarze Krawatte.
Aber auch in der feinen Gesellschaft wird Sie diese Uhr nicht im Stich lassen. Ja, es ist ein Gummiarmband, aber die polierten Endglieder, die Kontrastnähte und die breit gewebte Mitte verleihen der ansonsten eher zweckmäßigen Handgelenksbefestigung dieser Uhr einen gewissen Stil und eine eigene Vielschichtigkeit. Selbiges gilt für das Ziffernblatt, das von breiten, keilförmigen und üppig mit Leuchtfarbe versehenen Indizes und Zeigern dominiert wird. Das klingt alles nach einem Rezept für kompromisslose Sportlichkeit, aber nein. Die Oberflächen dieser Indizes sind gebürstet, um das Licht aus jedem Winkel einzufangen, und die Ränder sind poliert, sodass ein luxuriöser Glanz aufkommt.
Das Ziffernblatt
Und auch das Ziffernblatt selbst ist ein beeindruckender Anblick. Mit seinen Blautönen und der inzwischen berühmten Teakholzmusterung der Aqua Terra, das für eine Darstellung der Längen- und Breitengrade, mit denen die Kartographen unseren Globus unterteilt haben, noch vergrößert wurde, weist es eine Fülle von Farben und Details auf, von denen eine Rolex nur träumen kann. Der dezente Sonnenschliff zur Abrundung hat sogar einen ganz praktischen Nutzen, indem er die Unterteilung der Zeitzonen verdeutlicht und bei der Zuordnung der nicht auf dem äußeren Ring vermerkten Orte hilft.
An dieser Stelle kommen wir dann zum Globus. Mit seiner Struktur und dem Relief wirkt er nicht nur unglaublich detailliert, er ist es auch. Aber anstatt jemanden mit Hammer und Meißel auf die Welt anzusetzen, hat sich Omega von Markenbotschafter James Bond inspirieren lassen, oder genauer gesagt: von seinen Gegenspielern – die Karte wird per Laser aus Titan geschnitten. Wir erkennen folglich erhabene Landmassen, deren Konturen den echten Bergen und Tälern unserer Erde entsprechen, und tiefe Ozeane, die durch die chemische Reaktion der Laserhitze blau eingefärbt sind.
Sollte die Vorderseite irgendwann langweilig werden, gibt es auch immer noch die Rückseite, Heimat von Omegas Kaliber 8938. Hier finden sich die Zwillingsläufe für die 60-stündige Energiereserve, die koaxiale Siliziumhemmung und die frei schwingende Unruhspirale. Omegas Radialstreifen sind zu einer Art Markenzeichen geworden und heben sich von den schwarzen Akzenten ab, die über die Uhr verteilt sind.
Hoher Wert
All diese Dinge ergeben dann zusammen … vermeintlich mehr als 7.600 £. Uhren mit einer solchen optischen Wirkung findet man in diesem Preissegment und in den Katalogen der praktischer veranlagten Uhrenmacher nicht häufig, werden sie doch allgemein eher den Künstlern der Zeitmessung, wie Jaeger-LeCoultre, zugeschrieben. Selbst Rolex' eigene Weltzeituhr – oder das, was am nähesten herankommt – die Sky-Dweller, fängt erst bei 4.000 £ mehr an.
Was denken Sie über die Omega Aqua Terra GMT Worldtimer? Guter Gegenwert oder Geldverschwendung? Sie kann aus vielen stichhaltigen Gründen als preiswert eingestuft werden, besonders wenn man ihre Spezifikationen mit denen der wenigen anderen Uhren vergleicht, die es mit ihr aufnehmen können. Am überzeugendsten ist der optische Genuss, den das Ziffernblatt im Vergleich mit der zurückhaltenderen Konkurrenz versprüht. Sollte das Ihren Geschmack treffen, dann ist diese Omega kaum zu ignorieren. Und falls Sie noch ein Argument mehr dafür hören möchten, dass die Uhr mit 7.600 £ einen guten Preis hat, gibt es noch die Tatsache, dass Omega sie nicht zum ersten Mal verkauft – 2017 wurde eine limitierte Auflage aus Platin mit emailliertem Globus aufgelegt. Der Preis: 50.000 $.
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